Arnsberg/Prizren. Mitglieder und Freunde der SPD sind jetzt von einer eher ungewöhnlichen Reise zurückgekehrt. Die sechsköpfige Gruppe mit dem heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese, dem Arnsberger SPD-Stadtverbandsvorsitzenden Gerd Stüttgen und seiner Frau Petra, dem Dortmunder Politikstudenten Jan-Joschka Pogadl und natürlich den beiden Organisatoren Lulezim Çallaku und Fadil Macreku hat nämlich die noch junge Republik Kosovo besucht. Ein Land, das den meisten Deutschen wohl nur aus den Medien und dann mit Begriffen wie Krieg und Bundeswehreinsatz bekannt sein dürfte.
Nach dem Kosovokrieg im Jahr 1999 ist das Land seit 2008 unabhängig. Schon drei Tage nach der Unabhängigkeitserklärung erkannte die Bundesrepublik den Kosovo als souveränen Staat an.
Die beiden Organisatoren Lulezim Çallaku und Fadil Macreku leben beide schon seit weit über 20 Jahren in Deutschland. Lulezim Çallaku (23) kam als Baby mit seinen Eltern und seinen zwei Geschwistern als Flüchtlinge im damaligen Jugoslawienkrieg in die Bundesrepublik. Die in Müschede wohnhafte Familie ist bei uns voll integriert und besitzt sämtlichst die deutsche Staatsbürgerschaft. Seit 2009 gehört Lulezim Çallaku, der in Bochum Geschichte und Sozialwissenschaften studiert, der SPD an, für die er in Arnsberg auch bei den vergangenen Kommunalwahlen kandidierte.
Fadil Mazreku lebt mit seiner Ehefrau und seinen drei Kindern in Sundern. In Kürze wird er für seine Familie den Antrag auf Einbürgerung stellen. Die Kinder besuchen das Sunderner Gymnasium. Seine Frau und er arbeiten in einem heimischen Industriebetrieb.
Vor rund einem Jahr wuchs die Idee heran, das Geburtsland von Lulezim Çallaku und Fadil Mazreku einmal gemeinsam zu besuchen. Gesagt getan. So machten sich Lulezim Çallaku federführend und Fadil Mazreku an die Arbeit und organisierten den insgesamt fünftägigen Trip in den westlichen Teil der Balkanhalbinsel. Von Dortmund ging es per Flieger in die mazedonische Stadt Skopje und von dort per Mietwagen und mit dem Privat-PKW eines der Brüder von Fadil Mazreku zum 150 Kilometer entfernten Ziel nach Prizren, der mit rd. 180.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt des noch jungen Staates. Der Stadt übrigens, in der auch heute noch die Bundeswehr als KFOR-Einheit präsent ist.
Und das Programm hatte es wahrlich in sich. Neben Kultur, Geschichte, Natur und Stadtführungen standen u. a. auch Besuche bei den noch im Kosovo lebenden Teilen der Familien Çallaku und Mazreku, bei der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Bildungsministerium in der Hauptstadt Pristina, einem Gymnasium unter deutscher Leitung und bei zwei Bürgermeistern auf dem Programm.
Dirk Wiese fasst seine Eindrücke wie folgt zusammen: „Großer Dank an Lulezim Çallaku, der die Fahrt und die zahlreichen Treffen und Gespräche vor Ort organisiert hat. Ich bin immer noch tief beeindruckt von der unglaublichen Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Kosovaren und der Dankbarkeit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und Altkanzler Gerhard Schröder. Aber die junge Nation steht auch vor großen Herausforderungen. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist erschreckend. Dank an dieser Stelle auch an das Team der Friedrich-Ebert-Stiftung um Prof. Dr. Wulf Lapins in Pristina für die wichtige Arbeit vor Ort.“
Gerd Stüttgen pflichtet bei: „Wir haben einen wundervollen Aufenthalt in der noch jungen Republik Kosovo erleben dürfen. Dafür sei Lulezim Çallaku, aber auch Fadil Mazreku, an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich gedankt. Ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen. Dabei haben wir ein Land kennengelernt, das den meisten Deutschen bislang leider nur aus negativen Medienberichten bekannt ist. Unsere Erwartungen wurden ganz erheblich übertroffen. Insbesondere die große Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen haben uns überwältigt. Wir können ohne Übertreibung sagen: „Wir waren bei Freunden!““
So hofft die Gruppe, dass noch viele Menschen aus Deutschland den Kosovo in den kommenden Jahren besuchen werden. Bewegen kann man sich dort jedenfalls frei und ohne Angst. Eine Neuauflage der Reise ist für die sechsköpfige Gruppe auch schon geplant.
Einig ist man sich aber auch darin, dass es im Kosovo noch viel zu tun gibt. Da gilt insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung und die Infrastruktur. So fehlt es weitgehend an Industrien. Hier sind Investitionen aus dem Ausland notwendig und auch willkommen.
In einem Punkt allerdings ist der Kosovo uns technisch weit voraus. In jedem Café oder Restaurant ist kostenlose Internetnutzung selbstverständlich. Davon ist man bei uns leider noch ganz weit entfernt. Manchmal sind wir eben doch nicht so gut, wie wir oft glauben.