Im Rahmen des Parlamentarischen Paten Programm (PPP) habe ich die Patenschaft für Frau Melanie Kersting aus Scharfenberg übernommen. Ziel des PPP ist es, ein Netzwerk persönlicher Verbindungen zwischen jungen Menschen in den USA und in Deutschland zu knüpfen, um gemeinsame politische Wertvorstellungen zu festigen und unterschiedliche Lebensweisen im anderen Land kennenzulernen. Die 21-Jährige Melanie Kersting lebt nun seit Anfang August als „Junior Botschafterin“ in West Virginia. Hier ihr Erfahrungsbericht über das erste halbe Jahr in den USA:
Seit 32 Jahren bietet das PPP deutschen und amerikanischen jungen Berufstätigen die Möglichkeit für ein Austauschjahr. Die deutschen Teilnehmer werden in fast allen Staaten der USA platziert. Das Programm umfasst ein Semester an einem amerikanischen College und anschließend ein 6-monatiges Praktikum. Der letzte Monat vom Austauschjahr steht für jeden Teilnehmer zur freien Verfügung. Nach meiner Ausbildung zur Industriekauffrau, war die Teilnahme am PPP genau das Richtige für mich.
Am 5. August im letzten Sommer hieß es für mich Abschied nehmen von Freunden und Familie. Von Frankfurt ging der Flieger nach New York. Nach zwei Tagen Seminar und Sight Seeing in New York bin ich in den Zug nach Bluefield, West Virginia gestiegen. Gegen Abend nach einer langen Zugfahrt habe ich meine Gastfamilie das erste Mal gesehen. Seit August lebe ich mit einer älteren Dame, einer anderen deutschen Austauschstudentin und zwei Katzen zusammen. Meine Gastmutter ist alles andere als eine liebe, alte Omi die man auf den ersten Blick erwartet. Durch sie habe ich bestimmt die Hälfte aller in meinem Vokabular vorhandenen Schimpfwörter gelernt und den ein oder anderen obszönen Witz. Trotzdem hat sie das Herz am rechten Fleck und es wird nie langweilig. Nachdem ich mit einem großen Bruder aufgewachsen bin, ist es schön für ein Jahr lang eine Schwester zu haben, die gleichzeitig auch eine super Freundin ist.
Mitte August begann bereits das College. Für ein Semester habe ich Business und English Kurse am Bluefield State College belegt. Ich war froh, dass es ein eher kleines College war, das neben dem Unterricht auch viele Freizeitangebote für Schüler und besonders auch für internationale Studenten anbietet. Mit anderen Austauschstudenten sind wir zum Beispiel bowlen und zum White Water Rafting gegangen.
Mit meinen Englischkenntnissen hatte ich kaum Probleme am College oder in der Gastfamilie, nur wenn die Einheimischen mit ihrem West Virginia Slang loslegten, konnte ich am Anfang kein Wort verstehen. Heute verstehe ich den größten Teil und den Rest reim ich mir mit etwas Fantasie einfach zusammen.
Da ich in der Collegezeit noch recht flexible war, habe ich die Zeit genutzt um mit Freunden und anderen PPPlern mehr vom Land zu sehen. Auf unseren Road Trips haben wir die Country Music City Nashville besucht, uns am Strand von Myrtle Beach gesonnt, New York zur Weihnachtszeit gesehen und in Washington ins Neue Jahr getanzt. Es war auch ein beeindruckendes Erlebnis zwischen 70.000 Zuschauern mein erstes amerikanisches Football Spiel von den West Virginia Montaineers live mitzuerleben. Einer unserer Road Trips hat uns nach Columbus, Ohio auf ein Oktoberfest geführt. Erstaunlicherweise sind Amerikaner ganz verrückt nach Oktoberfesten. Viele Amerikaner die ich kennen gelernt habe, wollen unbedingt einmal nach München auf die Wiesn. In Columbus haben über 35.000 Besucher Bartwurst und Bretzel gegessen und in drei riesigen Festzelten begeistert „Schatzi schenk mir ein Foto“ mit gesungen.
Ende November wird in den USA Thanksgiving als Dank für eine gute Ernte gefeiert. Zusammen mit meiner Gastfamilie und Freunden von meiner Gastmutter habe ich die Feiertage auf Edisto Island, South Carolina verbracht. Beim klassischen Thanksgiving Dinner darf natürlich der Truthahn nicht fehlen. Bis der Truthahn fertig ist, lässt meine Gastmutter niemanden an den Vogel heran!
Das Weihnachtsfest war eindeutig anders als zuhause in Deutschland. Alles ist viel bunter und ich bin mir sicher, dass die Stromrechnungen der Amerikaner im Dezember bestimmt 3-mal so hoch sind. Alles blink, leuchtet und glitzert. Einfach klasse! Die Bescherung gab es traditionell erst am 25. Dezember morgens unter unserem farbenfrohen Weihnachtsbaum.
Es ist Teil vom Programm 40 Stunden gemeinnützige Arbeit bei einer lokalen Hilfsorganisation zu leisten. Ich habe bereits über 100 Stunden bei der Bluefield Union Mission geholfen. Die Mission versorgt die Hilfsbedürftigen in Bluefield unteranderem mit Kleidung, Essen und Haushaltsutensilien. Auch werden für Weihnachten und Thanksgiving jedes Jahr über 400 Lebensmittelpakete für Menschen in Not ausgegeben, damit jeder ein Festessen haben kann. Viele freiwillige Helfer kommen zusammen um die Pakete pünktlich fertig zu packen. Es macht mir viel Freude die Mission zu unterstützen. Viele Hilfestellungen, die in Deutschland vom Staat für sozial schwächer Gestellte angeboten werden, gibt es in den USA nicht. Hier wird auf die Unterstützung von Kirchen oder einheimischen Organisationen gesetzt.
Seit Januar hat der zweite Teil meines Austauschjahrs begonnen. Für die nächsten sechs Monate werde ich für die City of Bluefield arbeiten. Ich habe super freundliche Kollegen und ganz nach amerikanischer Art wird sich nur beim Vornamen angesprochen. Da wird auch keine Ausnahme beim Bürgermeister gemacht.
Es ist kaum zu glauben wie schnell die erste Hälfte meines Austauschjahres vorbei gerast ist. Bis Juni genieße ich noch meine Zeit in Bluefield. Den ganzen Juli haben alle PPPler zur freien Verfügung. Ich plane bereits fleißig einen 4-wöchigen Road Trip durch den Westen der USA. Ende Juli geht es schon wieder zurück nach Deutschland.
Durch das PPP habe ich bereits unzählige neue Erfahrungen, Erlebnisse und Freunde gewonnen, die ich auf keinen Fall mehr missen möchte. Ich hoffe, dass in Zukunft noch viel mehr junge Berufstätige aus dem Sauerland die Chance nutzen und beim PPP mitmachen. Mehr Infos über das PPP findet ihr auf www.bundestag.de/ppp.