Interview zu den Terroranschlägen von Paris

17. November 2015
In dieser Woche war die SPD-Dialogbox auf ihrer Rundreise durch die Republik auch bei uns im Sauerland in Brilon zu Gast. Die Dialogbox, die von einem Journalisten sehr treffend als kleiner Leuchtturm beschrieben wurde, ist eine Einladung an die Bürgerinnen und Bürger, mit uns ins Gespräch zu kommen. Kurz gesagt, es war ein Erfolg. An den drei Tagen führten wir spannende Gespräche und hörten aus erster Hand, wo der Schuh drückt. Denn das Programm an der Dialogbox gab den Bürgerinnen und Bürger zum einen Einblicke in die Politik der SPD vor Ort, zum anderen aber auch die Möglichkeit genau diese Politik aktiv mitzugestalten. Herzlichen Dank an dieser Stelle noch einmal an das ganze Team um Ralf Wiegelmann und Udo Adamini, die den Ablauf im Vorfeld vor Ort auf die Beine gestellt haben! In der Presse gibt es zu der Dialogbox in Brilon bereits zwei schöne Artikel. Sie finden diese hier: http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-brilon-marsberg-und-olsberg/im-roten-leuchtturm-ins-gespraech-kommen-id8113584.html http://www.sauerlandkurier.de/politik/buergermeinung-im-blick/

Quelle: Westfalenpost 17.11.15

 

1. Sollte Deutschland auf den Anschlag reagieren und – wenn ja – wie? (Hier speziell: Militäreinsatz gegen IS? Passkontrollen an allen Grenzen?)

Die feigen menschenverachtenden Anschläge von Paris waren ein Angriff auf uns alle, unsere Freiheit und unsere gemeinsamen Werte. Sie stehen in einer grausamen Abfolge mit den Anschlägen der letzten Wochen von Suruc, Beirut und dem Sinai. Danach jetzt aber Aussagen wie „Paris ändert alles“ zu treffen, ist der absolut falsche Weg. Denn wenn Terroristen mit einem Attentat unser Leben ändern können, hat ihre Terrorstrategie Erfolg. Deshalb muss die richtige Antwort lauten: Paris ändert gar nichts! Wir werden genauso frei weiterleben wie vorher und wir werden mit derselben Entschlossenheit all denjenigen entgegen treten die das verhindern wollen.

Was Ihre Frage nach einem Militäreinsatz angeht. Natürlich stehen wir fest an der Seite unserer europäischen und transatlantischen Partner. Wir sollten jedoch jetzt keine Debatte über einen Nato-Bündnisfall und etwaige Kampfeinsätze führen, solange uns von Frankreich nicht einmal eine solche Anfrage vorliegt. Schon heute liefern wir übrigens Waffen an die kurdischen Peschmerga im Nordirak und bilden diese für den Kampf gegen den IS aus.

2. Wie gefährdet ist Deutschland aus Ihrer Sicht und wir könnte das Land besser vor Terror geschützt werden?

Die Bedrohungs- und Gefährdungslage hat sich seit den Anschlägen nicht verändert. Wir sind und bleiben eines der Hauptziele für den islamistischen Terrorismus. Darüber hinaus sind wir aber auch durch andere Formen des Terrorismus gefährdet. Das haben die schrecklichen NSU-Morde gezeigt. Unsere Sicherheitsbehörden sind wachsam und gut aufgestellt, einen Anschlag kann jedoch leider niemand mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen oder verhindern. Das ist das Risiko unserer Freiheit.

3. Wird der Anschlag auch Einfluss haben auf die Flüchtlingsdebatte?

Die Opfer des Krieges in Syrien dürfen nicht zu Tätern gemacht werden. Denn sie flüchten genau vor jenem Terror, der uns Europäer jetzt in Paris getroffen hat. Genauso wenig dürfen wir zulassen, dass die Opfer von Paris missbraucht werden, um Politik und Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen.

Im Übrigen: Der Großteil der Attentäter kam nicht aus Syrien über die bekannten Flüchtlingsrouten, sondern ist als französischer oder belgischer Staatsbürger aufgewachsen. Gleiches gilt ja auch für die „Sauerland“-Gruppe, die damals Anschläge in Deutschland planten. Das waren sogar alles Konvertiten. Kurzum: Wir sollten die Debatte über Terrorismusbekämpfung nicht mit der Flüchtlingsdebatte vermischen, das sind zwei verschiedene Themen.

4. Wie und wann haben Sie von dem Attentat in Paris erfahren und was haben Sie gedacht?

Ich bin Freitagabend gegen 22:30 Uhr von der Sitzungswoche des Deutschen Bundestags in Berlin gekommen und habe zu Hause in Brilon über den Ticker die ersten Meldungen gelesen. Ich war tief erschüttert. Junge Leute, die bei einem Konzert einfach nur Rock`n`Roll hören wollten, werden wahllos zur Zielscheibe. Dazu die perfiden Pläne im Hinblick auf das Länderspiel. Das lässt einen erschaudern. Es löst in mir aber auch ein „jetzt erst Recht“ aus. Ganz im Sinne von Jens Stoltenberg nach den Anschlägen von Utoya: „Unsere Antwort ist mehr Demokratie. Mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit.“.