Der Bundestag diskutiert in der Nachhaltigkeitswoche, wie man das Prinzip auf alle Politikbereiche anwenden kann. Dabei darf der SPD-Fraktion zufolge das Soziale nicht vernachlässigt werden.
Nachhaltige Politik kann man in allen Bereichen machen: im Klima- und Umweltschutz natürlich, der Finanzpolitik oder auch bei der Art und Weise, wie Unternehmen mit Ressourcen und Mitarbeitern umgehen. „Nachhaltigkeit hat drei Dimensionen: die soziale, die ökonomische und die ökologische“, sagt die stellvertretende SPD-Bundestagsvorsitzende Katja Mast. „Diese drei Dimensionen müssen wir in die Balance bringen“. Leider werde das Soziale oft vergessen.
Es ist ein komplexes Thema, dem der Bundestag sich diese Woche widmet: Erstmals diskutieren die Abgeordneten analog zur Haushaltsdebatte in den einzelnen Fachbereichen den Aspekt der Nachhaltigkeit. Die Einrichtung dieser Nachhaltigkeitswoche geht zurück auf die Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes.
„Wir leben in einer Welt, die mehr und mehr an ihre planetaren Grenzen stößt. Umso wichtiger ist es, unsere Umwelt zu schützen, national und weltweit für ein gerechtes Miteinander zu sorgen und den nachfolgenden Generationen eine gesunde Welt zu hinterlassen“, sagt SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Nachhaltigkeit sei kein Modewort, sondern „eine politische Verpflichtung die wir international eingegangen sind“. Sie gelte für alle Politikbereiche. Zum ersten Mal werden die Abgeordneten „Nachhaltigkeit und Klima“ ressort- und themenübergreifend in einer Plenarwoche ausbuchstabieren und dabei deutlich machen, was sie unter nachhaltiger Politik verstehen. „Uns geht es dabei nicht vorrangig um ausgeglichene Haushalte, sondern darum, dass sowohl die Gesellschaft als auch unser Planet intakt bleiben“, so Mützenich.
SPD-Fraktionsvize Sören Bartol zufolge haben viele Beschäftigte Angst vor dem Strukturwandel, der auch aufgrund des Klimaschutzes erforderlich sein wird. Es müsse sichergestellt werden, dass diese Menschen sehen, „sie stehen im Mittelpunkt“. Deshalb müsse massiv in investiert werden, in Infrastruktur, Verkehr, Bildung – und einen Transformationsfonds in der Autoindustrie. Der Staat müsse den Strukturwandel aktiv begleiten.
Starke Defizite bei der Umsetzung bereits beschlossener nachhaltiger Politik übt die SPD-Fraktion an CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier und CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer: „Nur konkretes Handeln wird uns weiterbringen. Die Ausrufung von immer neuen Zielen und Punkten hilft nicht weiter, wenn man den Weg dahin gar nicht erst antritt. Das gilt vor allem für die Minister Altmaier und Scheuer, die wichtige Zukunftsentscheidungen im Bereich des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Mobilitätswende blockieren und verschleppen. Wir erwarten Gesetze und nicht bloß schöne Worte“, sagt Fraktionsvize Matthias Miersch.
SPD-Fraktionschef Mützenich sieht auch in der Wirtschaft Handlungsbedarf: „Arbeitsplätze, die grundlegende Menschenrechte einhalten – auch das bedeutet nachhaltiges Wirtschaften. Noch setzen zu viele Unternehmen entlang ihrer Lieferketten vor allem auf ihren Profit – und stellen sich nicht ihrer Verantwortung für menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Da eine freiwillige Verantwortungsübernahme nicht in ausreichendem Maße erfolgt ist, wollen wir Unternehmen gesetzlich verpflichten, Verantwortung für die Produktionsbedingungen ihrer Waren zu übernehmen. Das geht aber nur, wenn die Firmen auch bei Verstößen zivilrechtlich in Haftung genommen werden können. Denn wir haben gesehen: Freiwillige Selbstverpflichtungen sind ein stumpfes Schwert“. Die SPD-Fraktion kämpft derzeit für die Durchsetzung eines wirksamen Lieferkettengesetzes, das im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.
Anlässlich der Nachhaltigkeitswoche haben die Fraktionen von CDU, CSU und SPD einen Antrag erarbeitet, der das Thema Nachhaltigkeit als Grundprinzip politischer Entscheidungen würdigt. Es müsse noch viel stärker gelingen, die drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales in Einklang zu bringen sowie die Wechselwirkungen zwischen ihnen zu betrachten, heißt es darin. Auch COVID-19 dürfe nicht dazu führen, dass die Anstrengungen der Umwelt- und Klimaschutzpolitik nachließen. Das vom Deutschen Bundestag beschlossene Konjunkturpaket beinhalte ein umfangreiches Klima- und Zukunftspaket. „Mit diesem Paket werden rund 50 Milliarden Euro in innovative und klima-freundliche Technologien sowie in Forschung und Entwicklung investiert – das ist ein wichtiges Signal“. Das Wirtschaften müsse langfristig im Kreislauf stattfinden.
„Wir sollten mindestens europaweite Standards erreichen und diese in allen Bereichen umsetzen – denn Abfall entsteht überall.“ Für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland sei das auch eine wirtschaftliche Voraussetzung. Genauso fordern die Fraktionen die Bundesregierung auf, sich für eine ambitionierte globale Biodiversitätsstrategie einzusetzen. „Das bedeutet zum Beispiel, dass Anbaumethoden weiterentwickelt werden müssen, um biologische Vielfalt zu erhalten und nachhaltige Produktivität zu steigern. Und: Wo weniger verbaut ist, kann die Natur zurückkehren. Dazu sollten wir die Siedlungs- und Verkehrsflächen in Deutschland auf unter 30ha pro Tag reduzieren“.