Der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe Achim Post hat gestern einen persönlichen Brief mit der Überschrift „Vieles erreicht – noch viel zu tun“ an die Mitglieder der Landesgruppe verschickt. Wir haben hier die wesentlichen Inhalte aufbereitet. Den vollständigen Brief finden Sie hier.
Wir haben in den zurückliegenden eineinhalb Jahren vieles erreicht und es liegen noch wichtige Aufgaben vor uns. Wir wollen aber auch einen Blick darauf werfen, was wir bisher schon für Investitionen, sozialen Zusammenhalt und Zukunftsgestaltung in Nordrhein-Westfalen und in ganz Deutschland durchsetzen konnten. Und darauf, was wir noch schaffen wollen, um den Koalitionsvertrag zu erfüllen.
Klar ist: Wir haben Ziele, die für die Menschen in NRW und die NRWSPD auch mit Blick auf die Kommunalwahlen 2020 elementar sind. Für diese Projekte gibt es ein Zeitfenster: Das ist unsere Regierungszeit. Ein paar Beispiele:
Investitionen
Was noch zu schaffen ist:
- Kohlekommission: Nordrhein-Westfalen ist ein starkes Industrieland. Das muss auch so bleiben. Deshalb müssen die Ergebnisse der Kohlekommission mit dem Strukturstärkungsgesetz und dem Kohleausstiegsgesetz umgesetztwerden, damit gerade auch die Menschen im Rheinischen Revier und in den SteinkohlekraftwerksregionenPlanungssicherheit und Perspektiven haben. Für den Strukturwandel in Deutschland wird der Bund in den nächsten 20 Jahren rund 40 Milliarden Euro bereitstellen.
- EU-Strukturförderung: Wenn NRW auch in der neuen EU-Förderperiode ab 2021 von der Strukturförderung profitieren und strukturschwache Kommunen bei der Leistung des Eigenanteilsunterstützt werden sollen, geht das nur mit der SPD-Bundestagsfraktion.
- Bonn-Vertrag: Mit dieser Zusatzvereinbarung zum Berlin-Bonn-Gesetz soll die Region Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler/Neuwied als zweites bundespolitisches Zentrum, als Standort der Vereinten Nationen oder mit seinen Exzellenzclustern zielgerichtet gestärkt werden.
Was wir bisher erreicht haben:
- Auch wenn das wirtschaftliche Klima angesichts von Brexit und internationalen Handelskonflikten rauer wird: Alles in allem steht Deutschland weiterhin solide dar. Das liegt auch daran, dass die Bundesregierung mit gestärkten Investitionen und steuerlichen Maßnahmen die Konjunktur belebt und Einkommen entlastet. Gerade Familien mit kleinen und mittleren Einkommen haben nun Monat für Monat mehr Geld zur Verfügung; etwa durch die Kindergelderhöhung.
- Der breite Konsens der Kohlekommission für Klimaschutz, Versorgungssicherheit, gute Arbeit und Wertschöpfung ist unser Erfolg, der Bund unterstützt mit rund 15 Milliarden Euro den Strukturwandel im Rheinischen Revier und den Steinkohlekraftwerksstandorten im Ruhrgebiet.
- Mit der erreichten Reform des Grundgesetzes schaffen wir das Kooperationsverbot in der Bildungspolitik faktisch ab und vergrößern die künftigen Spielräume für Bildungsinvestitionen. Ein erster Schritt ist der Digitalpakt Schule in Höhe von 5 Milliarden Euro.
- Die Städtebauförderung befindet sich mit rund 1 Milliarde Euro auf Rekordniveau, dasGemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) wird auf 1 Milliarde Euro pro Jahr anwachsen, dieFlüchtlingsfinanzierung ist über das Jahr 2019 hinaus gesichert. Die Grundsteuer mit einem Volumen von rund 15 Milliarden Euro jährlich bleibt für die Kommunen erhalten, eine neue Grundsteuer C stärkt die Kommunen.
- Deutlich gesteigerte Förderung des sozialen Wohnungsbaus mit 5 Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode, Schärfung der Mietpreisbremse, Begrenzung der Modernisierungsumlage, Verlängerung des Betrachtungszeitraumes beim Mietspiegel, besserer studentischer Wohnungsbau, Erhöhung und Dynamisierung des Wohngelds. Auch das Baukindergeld ist eine Maßnahme der Förderung des Wohnungsbaus für bisher rund 150.000 Familien.
- Maßnahmenpaket gegen illegale Beschäftigung, Schwarzarbeit und Sozialleistungsbetrug.
Sozialer Zusammenhalt
Was noch zu schaffen ist:
- Altschuldenregelung: Sie gibt es nur mit uns. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat erklärt, dass er diese Herausforderung gemeinsam mit uns anpacken wird. Damit gibt es erstmals seit Jahren eine echte Chance, dass sich der Bund an einer kommunalen Altschuldenregelung substantiell beteiligt, die gerade auch hochverschuldeten Kommunen bei uns in Nordrhein-Westfalen konkret hilft.
- Gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen in West und Ost: Wir wollen, dass das Prinzip „Bedürftigkeit statt Himmelsrichtung“ jetzt endlich Wirklichkeit wird, auch damit strukturschwache Kommunen in Nordrhein-Westfalen neue Zukunftsperspektiven bekommen, investieren können, anstatt von Schulden und Sozialausgaben finanziell erdrückt zu werden. Neben der Altschuldenregelung ist dies der zweite für Nordrhein-Westfalen ganz zentrale Punkt unter den Ergebnissen der Kommission für „gleichwertige Lebensverhältnisse“. Beides kann und muss nun in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode angepackt werden und wäre für unsere Kommunen in Nordrhein-Westfalen ein wirklich großer Schritt nach vorn.
- Sachgrundlose Befristungen werden wieder zur Ausnahme, das unbefristete Arbeitsverhältnis wird wieder die Regel. Endlose Kettenbefristungen werden wir abschaffen.
- Doppelverbeitragung: Wir fordern, dassfür Betriebsrenten nur noch der halbe Krankenkassenbeitrag erhoben wird und haben als NRW-Landesgruppe einen konkreten Vorschlag gemacht.
Was wir bisher erreicht haben:
- Sozialer Arbeitsmarkt: Neue Perspektive für langzeitarbeitslose Menschen, der Bund stellt für den öffentlich-geförderten Arbeitsmarkt vier Milliarden Euro bereit.
- Unterstützung von Mittel- und Geringverdienern durch die Anhebung des Grundfreibetrages, Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung, Brückenteilzeit und Wiederherstellung der Parität. Das ist eine große Umverteilung von der Arbeitgeberseite an die Arbeitnehmerseite mit 5 Milliarden Euro pro Jahr.
- Mit der beschränkten Abschaffung des Soli setzen wir mehr Steuergerechtigkeit um: 10 Milliarden Euro Entlastung für mehr als 90% der Steuerzahler, Beibehaltung des Soli für Höchstverdiener.
- Das Qualifizierungschancengesetz macht die Beschäftigten von heute fit für die Arbeit von morgen – insbesondere für den Digitalen Wandel.
- Bekämpfung von Kinderarmut mit dem Starke-Familien-Gesetz. Dafür ist ein Anfangsbudget von rund 1,5 Milliarden Euro eingeplant.
- Solidarität mit den Schwächeren am Arbeitsmarkt: Besserer Schutz von Paketboten.
- Bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und mehr Personal in der Pflege, verbesserte Zugänge zu ärztlicher Versorgung für gesetzlich Versicherte.
- Stabilisierung der gesetzlichen Rente mit einer doppelten Haltelinie bei den Beiträgen und beim Rentenniveau.
Zukunftsgestaltung
Was noch zu schaffen ist:
- Wir wollen und müssen die Klimaschutzziele 2030 erreichen. Deshalb werden wir unsere Bundesumweltministerin Svenja Schulze bei der Umsetzung des Klimapaketes unterstützen und müssen auch über die jetzt vereinbarten Maßnahmen hinaus weiter politisch Druck machen, damit eine sozial ausgewogene Klimawende Schritt für Schritt gelingt. Sozialer Klimaschutz ist unser Thema.
- Kinderrechte ins Grundgesetz: Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat Vorschläge vorgelegt, jetzt brauchen wir die Grundgesetzänderung.
- Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung: In dieser Legislaturperiode stellt der Bund zwei Milliarden Euro für den Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote bereit, um den gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung bis 2025 für alle Grundschulen zu realisieren. Und wir haben die weitere Finanzierung gesichert. Wir möchten die Kommunen auch dauerhaft bei dieser Aufgabe unterstützen.
- Wir möchten den flächendeckenden Ausbau mit Gigabit-Netzen bis 2025 erreichen.
Was wir bisher erreicht haben:
- Wir haben ein sozial ausgewogenes Klimapaket ausgehandelt, das jetzt parlamentarisch umgesetzt wird. Bis 2030 haben die Maßnahmen ein Volumen von 54 Milliarden Euro. Deutschland kommt im Klimaschutz wichtige Schritte voran, auf die wir in den kommenden Jahren aufbauen können.
- Gute Bildung und gleiche Chancen von Anfang an: Dank dem Gute-Kita-Gesetz kann NRW rund 1,2 Milliarden Euro einsetzen, um ein weiteres beitragsfreies Kita-Jahr zu schaffen oder die Betreuungsqualität zu verbessen. Gleichzeitig fließt eine Milliarde Euro in den Digitalpakt Schule in NRW, die Mindestausbildungsvergütung kommt und wir verbessern das BAföG.
- Mit dem milliardenschweren Investitionsfonds „Digitale Infrastruktur“ unterstützen wir den flächendecken Ausbau von Gigabitnetzen auf Glasfaserbasis. Mehr als 10 Milliarden Euro investieren wir in dieser Legislaturperiode in die Förderung des Breitbandausbaus und des Digitalfunks.
Darüber hinaus verlangen einige weitere Themen in den kommenden Wochen und Monaten entschiedenes Handeln durch die Bundesregierung. Und klar ist dabei: Es kommt auf die SPD an.
Der rechte Terror erfordert aktives Handeln des Rechtsstaats. Die SPD ist das Bollwerk gegen Rechts. Dafür stehen wir in der Bundesregierung, in den Landesregierungen, mit unseren Bürgermeistern und Landräten, letztlich mit jedem unserer Mitglieder glaubwürdig und entschlossen ein.
Wichtig ist auch, dass wir bei der Grundrente vorankommen. Wer ein Leben lang gearbeitet hat, muss in Würde alt werden können – ohne Angst vor Altersarmut. Das verlangt unser Respekt gegenüber der Lebensleistung der Menschen.
Hinzu kommt: Nie zuvor war ein Koalitionsvertrag so stark mit einer europäischen Dimension versehen. Dafür hat die SPD in der Tradition internationaler Verantwortung und Solidarität und im Bewusstsein der Idee eines starken Europas gesorgt. Mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 verbindet sich nun eine enorme Verantwortung, für Zusammenhalt und Fortschritt in Europa zu sorgen – dafür:
- dass sich die EU auf einen echten Zukunftshaushalt mit starken Investitionen verständigt,
- dass ein Rechtsrahmen für europäische Mindestlöhne eingeführt wird,
- dass wir – ausgehend von den bereits erreichten deutsch-französischen Beschlüssen – einen Eurozonen-Haushalt und eine Finanztransaktionssteuer auf den Weg bringen; nach jahrelangen erfolglosen Verhandlungen hat sich jetzt erstmals eine Gruppe von Staaten auf Grundzüge für eine künftige FTT verständigt.
- dass sich die EU für Abrüstung und Rüstungskontrolle engagiert und alles dafür tut, um eine neue atomare Aufrüstungsspirale in Europa und weltweit zu verhindern.
Europa braucht die sozialdemokratische Stimme Deutschlands. Friedens- und Entspannungspolitik sind Markenzeichen unserer europäischen und internationalen Politik. Wer zuschaut, überlässt die Politik dagegen den anderen. Das ist in einer Welt dramatischer Veränderungen umso problematischer. Schon gar nicht dürfen wir die Politik den Chauvinisten, den Populisten und Nationalisten überlassen – nicht bei uns in Deutschland und auch nicht in Europa. Die Sozialdemokratie ist gefordert und wird gebraucht – gerade jetzt.
Wir stehen in den kommenden Wochen vor großen Herausforderungen: Wir entscheiden darüber, ob die SPD weiterhin eine starke Rolle in der Regierung spielt und an den zentralen Weichenstellungen unserer Gesellschaft und im internationalen Konzert beteiligt ist oder nicht. Es geht um viel.
Das bedeutet zum Beispiel: Die SPD in der Regierung ist Garant dafür, dass Deutschland sozial- und wirtschaftspolitisch gut vorbereitet ist, sollte sich die wirtschaftliche Abkühlung verschärfen. Die SPD in der Regierung ist Garant dafür, dass die erreichte Stabilisierung des Rentenniveaus nicht wieder aufgeweicht wird und dass jüngste Forderungen nach einer Rente mit 69 keine Realisierungschance bekommen. Die SPD in der Regierung ist schließlich auch Garant dafür, dass Deutschland für Militärabenteuer in Nordsyrien oder anderswo auf der Welt nicht zur Verfügung steht.
Zusammengefasst: diese Große Koalition ist keine Wunschkonstellation und fordert uns immer wieder neu heraus. Bei einem nüchternen Blick auf die Fakten und Sachfragen lässt sich aber festhalten, dass die Koalition bereits jetzt etliche wichtige Fortschritte für die Menschen in Deutschland und auch bei uns in Nordrhein-Westfalen erreicht hat. Viele der Projekte und Vorhaben haben eine klar sozialdemokratische Handschrift. Wir haben aber auch noch viel vor – um den Koalitionsvertrag im Interesse der Menschen weiter umzusetzen und um auf neue Herausforderungen zeitgemäße Antworten zu finden.
Dabei kommt es auch und gerade auf unsere Landesgruppe an – damit wir das Beste für die Menschen in Nordrhein-Westfalen und Deutschland herausholen können.